DIE CASANOVA TOUR
von Pablo Günther
REISEWAGEN - (Teile III, VI - VIII ) - Casanovas Wagen (2) - 8. Genf 2 - 9. Lyon - 10. Wesel - 11. Riga - 12. Warschau - 13. Paris 3 - 14. Salerno - II. Seine Wagen in Paris. (Fortsetzung: Wagen 15. - 17: Teil VIII )
Die sehr schöne "Diligence à l'anglaise" des Musée de la Voiture et du Tourisme in Compiègne. Vermutlich in Frankreich um 1775 gebaut. Berlinen-Fahrgestell mit Schwanenhälsen. Der in S-Federn hängende Kasten in der vollendeten Form eines englischen Reisecoupés. - Foto: PG.
Kauf eines Englischen Coupés in Genf :(8/IV/93) Als der Syndikus und ich abends zu den reizenden Cousinen fuhren, entdeckte ich einen zum Verkauf stehenden hübschen englischen Wagen und tauschte ihn mit einem Aufgeld von hundert Louis gegen den meinen um.
Ausflug nach Lodi:(8/IX/269) Ich setzte mich auf den Klappsitz meines Wagens und hielt den Sohn der Contessa, der auf einem großen Kissen schlief, auf den Knien.
Die denkwürdige Reise von Genua nach Lyon:(9/II/72) Meine Feluke war groß, hatte zwölf Ruderer und war mit einigen Steinmörsern und vierundzwanzig Gewehren ausgerüstet, damit wir uns allenfalls gegen ein Seeräuberschiff verteidigen konnten. [Mein Diener] Clairmont hatte meine Koffer und meinen Wagen so geschickt unterbringen lassen, daß darin fünf Matratzen in ihrer ganzen Länge Platz hatten und wir uns wie in einem Zimmer hätten niederlegen und sogar ausziehen können. Wir hatten dicke Kopfkissen und große Decken. Ein langes Segeltuchzelt bedeckte die ganze Barke, und an den beiden Enden der Querstange, die das Zelt trug, waren zwei Lampen aufgehängt. (...) Clairmont servierte uns eine ausgezeichnete Bouillon aus Tabletten, die ich immer bei mir hatte.
Von Genua nach Antibes hatte Casanova vier Mitreisende: Seinen Bruder Gaetano, die jungen Damen la Crosin aus Marseille und Marcolina aus Venedig, sowie den Miniaturenmaler Passano.
In Mentone:(78ff.) Wir betraten die Feluke; der Offizier war von meinem schönen Wagen entzückt und machte sich daran, ihn zu untersuchen. (...).
Wenige Tage darauf gelangten Casanova und Marcolina nach Lyon. Ihre Ankunft schildert Marie de Nairne in einem Brief, den sie an ihren Verlobten, den schottischen Baron Michel de Ramsay, am 28. Mai 1763 schrieb (Compigny des Bordes, S.2; dort schon die fehlenden Stellen.) :(9/V/163ff.) "Ich muß veranlassen," sagte Signor Querini, "daß mein Kammerdiener in einem anderen Wagen fährt, denn meine Kutsche hat nur zwei Sitze.""(...) Dieser betäubende Reisende kam in einer Berline im Hotel du Parc zu Lyon gegen fünf Uhr abends an. Er machte sofort einen Höllenspektakel, weil man ihm nicht das Zimmer gab, das er angeblich vorausbestellt hatte. Sein Diener sah sehr bärbeißig aus, wie er.(...) Bei Tisch aber war er schon gleich bei der Suppe in reizender Laune, redete von tausend verschiedenen Dingen und sprühte bei hundert Themen von Geist. Wir hingen an seinen Lippen.(...) Der Chevalier d'Agis, der in seiner Nähe saß, brannte vor Begierde, diese außergewöhnliche Persönlichkeit kennenzulernen.(...) Er war groß, gebräunt und gekleidet wie ein vornehmer Herr. Schwere Ringe blitzten an seinen Fingern. Seine fremdländische Aussprache war das Drolligste, das man sich vorstellen kann. Eine sehr schöne junge Frau, gleichfalls braun, mit blitzenden Zähnen und derselben italienischen Aussprache, die mit ihm in der Kutsche gekommen war, schüttelte sich vor Lachen bei den Geschichten, die er zu unserer Erheiterung zum besten gab.(...) Nachdem die Tafel aufgehoben war, schlug er ein kleines Spiel vor. Herr de Longuemare hielt die Bank. Der Chevalier verlor zwanzig Louisdor, Herr de Longuemare vielleicht hundert und der wunderliche Unbekannte gewann einige Goldrollen.(...) Bevor wir schlafen gingen, bot er den Damen Bonbons an, und jetzt endlich konnte der Chevalier d'Agis sich, wie er es gewünscht hatte, mit ihm unterhalten.(...) Es war Herr von Casanova aus Venedig.(...)."Weiterhin in Lyon. Casanova hatte beschlossen, Marcolina zusammen mit durchreisenden venezianischen Gesandten heimzuschicken. Mit umgerechnet 400.000 Baiocchi wollte er ihre Zukunft sichern (was auch gelang), und gab ihr noch seinen Wagen mit:
Die Prokuratoren Tommaso Querini und Francesco II. Lorenzo Morosini waren die Botschafter, die am 18. April 1763, nur wenige Wochen vor den hier berichteten Ereignissen, in ihrer "New State Coach" vom Somerset House zu St. James's fuhren, wo sie im Namen der Republik Venedig König Georg III. (etwas verspätet) zu seiner Thronbesteigung gratulierten. - "The Venetian Ambassadors New State Coach in the Public Entry in London April 18th 1763". Victoria and Albert Museum, London. Foto: PG.
Diese Chaise de Poste sieht genau so aus wie der von Casanova beschriebene "Solitaire". - Foto: Rudolf H. Wackernagel, München.
Kauf eines "Solitaire" in Lyon:(9/V/167f.) Da ich Ablenkung nötig hatte, beauftragte ich Clairmont, für mich beim Wirt einen Platz an der allgemeinen Tafel [des Hotel du Parc] zu bestellen und sich auch zu erkundigen, wo ein anständiger Wagen zu verkaufen sei, denn ich wollte sobald als möglich abreisen. (...).
Aber es kam alles ganz anders. Abfahrt in Lyon:(174f.) Ich stieg in meinen Einsitzer, Adele setzte sich zwischen meine Beine, [ihr Vater] Moreau kletterte hinten auf, Clairmont bestieg sein Pferd und so fuhren wir ab. Es war neun Uhr.
Auf dem Weg nach London, in Calais:(9/VII/204) Gleich nach meiner Ankunft rief ich den Wirt und ließ mir die Übernahme meiner Chaise de Poste bestätigen, die ich mit einer schriftlichen Anweisung bei ihm ließ; auch sicherte ich mir sogleich ein Schiff, um es zu einer mir zusagenden Stunde zur Verfügung zu haben.
Neun Monate später:(10/II/42) In Calais ging ich an Land und legte mich sogleich im Gasthof 'Au Bras d'Or', wo meine Chaise de Poste stand, ins Bett.
Deutsche Postpferde waren nicht an Gabeldeichseln gewohnt:(47) (...) und so reiste ich in meiner Chaise weiter, die mich immer mehr zur Verzweiflung brachte, weil die Postpferde nicht gewohnt waren, in einer Gabeldeichsel zu gehen; in Wesel entschloß ich mich, sie zu verkaufen. Kaum war ich im Gasthof angekommen, legte ich mich ins Bett und sagte Daturi, er solle sich erkundigen, wer sie mir gegen einen vierrädrigen Wagen [mit einzelner Deichsel] eintausche.
Ein Englisches Coupé, vermutlich um 1770 in Paris gezeichnet. Fahrgestell mit einem Langbaum und zwei Schwanenhälsen. - Musée de la Voiture et du Tourisme, Compiègne. Foto: PG.
Kauf eines Coupés in Wesel:(10/II/47) (..) in Wesel entschloß ich mich, sie [die Chaise de Poste "Lyon"] zu verkaufen. Kaum war ich im Gasthof angekommen, legte ich mich ins Bett und sagte Daturi, er solle sich erkundigen, wer sie mir gegen einen vierrädrigen Wagen eintausche.
Russischer Reise- und Schlafwagen. So könnte Casanovas "Schlafwagen" ausgesehen haben. Nach Entfernung der Räder wurden Schlittenkufen angebracht. - Umschlagbild von: Herbert von Hoerner, "Die Kutscherin des Zaren", Engelhorn, Stuttgart 1989.
"Kurze Reise" von Riga nach St. Petersburg (590 km):(10/V/108f.) Campioni überließ mir seinen Schlafwagen; so war ich genötigt, sechsspännig nach Petersburg zu fahren. (...).
Reise von St. Petersburg nach Moskau (750 km):(10/VI/135ff.) Als alles für meine Reise nach Moskau bereit war, setzte ich mich mit [meiner Freundin] Zaira in meinen Schlafwagen; einen russisch und deutsch sprechenden Diener ließ ich hinten aufsitzen. Für achtzig Rubel [4.320 d.] verpflichtete sich ein Iswoschtschik [Lohnkutscher], mich mit sechs Pferden in sechs Tagen und sieben Nächten nach Moskau zu bringen. Das war billig, und da ich nicht mit der Post fuhr, konnte ich keine größere Geschwindigkeit erwarten, denn die Reise betrug zweiundsiebzig russische Posten, was ungefähr fünfhundert italienischen Meilen [750 km] entspricht. Mir erschien das unmöglich, aber das war seine Sache. (...).
[Wie der Iswoschtschik erfolgreich eine Kolik bekämpft:]Wir kamen pünktlich in Moskau an, wie es unser Mann versprochen hatte. Wir hätten, stets mit den gleichen Pferden, unmöglich schneller dort sein können; doch mit der Post reist man rascher.
Dort erlebte ich etwas Überraschendes. Der Mann zeigte sich, als wir ihn zu einem Glas einluden, sehr bedrückt. Er sagte zu Zaira, eines seiner Pferde wolle nicht fressen, und er sei verzweifelt, denn wenn es nicht fresse, könne es sicher auch nicht laufen. Wir gingen mit ihm hinaus und in den Stall hinüber; dort stand das Pferd matt, unbeweglich und ohne Appetit. Sein Herr begann, ihm in sanftestem Ton eine Ansprache zu halten, und blickte es dabei mit einer Zärtlichkeit und Hochachtung an, die das Tier rühren und zum Fressen bewegen mußten. Nach dieser Ansprache küßte er das Pferd, ergriff es beim Kopf und steckte diesen in die Krippe, doch vergeblich. Nun begann der Mann zu weinen, aber so, daß ich für mein Leben gern gelacht hätte; denn offenbar hoffte er, das Pferd durch seine Tränen zu erweichen. Nachdem er ausgiebig geweint hatte, küßte er das Tier widerum und steckte von neuem dessen Kopf in die Futterkrippe, doch abermals vergeblich. Nun geriet der Russe außer sich vor Wut über eine solche Verstocktheit seines Pferdes und schwor, sich zu rächen. Er zog es aus dem Stall, band das arme Tier an einen Pfahl, nahm einen großen Stock und verprügelte es eine Viertelstunde lang mit aller Kraft. Als er nicht mehr konnte, führte er es in den Stall zurück, steckte den Kopf des Pferdes in die Krippe; da fraß es auf einmal mit unersättlichem Hunger, und der Iswoschtschik lachte, tanzte und gebärdete sich ganz ausgelassen. Ich war höchst erstaunt. Das konnte wohl nur in Rußland geschehen, wo der Stock alles vermag, sogar Wunder zu wirken. Doch glaube ich immer noch, daß das bei einem Esel nicht möglich gewesen wäre, der Stockschlägen viel beharrlicher widersteht als ein Pferd. (...).
Zurück in St. Petersburg. Manöver in Krasnoje Selo:(149) Wir kamen um acht Uhr morgens hin, und an diesem ersten Tag fanden Aufmärsche [zur Infanterieparade] statt, die bis Mittag dauerten; dann fuhren wir vor einem Wirtshaus vor und ließen uns das Essen in den Wagen bringen, denn das Haus war so voll, daß wir keinen Platz gefunden hätten. Nach dem Essen ging mein Kutscher überall herum, um eine Unterkunft zu suchen, fand jedoch keine. Ich ließ mich nicht beirren und entschloß mich, da ich nicht nach Petersburg zurückkehren wollte, in meinem Wagen zu wohnen. Das tat ich die ganzen drei Tage, und alle, die für sehr schlechte Unterkünfte sehr viel bezahlt hatten, fanden das ausgezeichnet. Melissino sagte mir, die Zarin habe meinen Ausweg sehr vernünftig gefunden. Auf diese Weise hatte ich ein fahrbares Haus ["maison ambulante"] und stellte mich überall dort auf, wo ich sicher und bequem die Aufmärsche an diesem Tag sehen konnte. Außerdem war mein Wagen eigens dafür gebaut, um sich mit einer Geliebten wohl zu fühlen, denn er enthielt ein Bett. Ich war der einzige, der bei dieser Parade einen solchen Wagen hatte; man machte mir Besuche, und Zaira als die Dame des Hauses glänzte in russischer Sprache, die ich zu meinem Leidwesen nicht verstand.
Rückreise nach Königsberg, und von dort nach Warschau:(10/VII/171f.) Nach dieser traurigen Trennung [von Zaira] wurde die Valville meine einzige Freundin, und nach drei oder vier Wochen waren wir zur Abreise bereit. (...).
Französisches Berlinen-Coupé im englischen Stil für das Fahren in der Stadt, mit Polignac-Federn (vgl. nächstes Bild), um 1775. - Musée de la Voiture et du Tourisme, Compiègne. Foto: PG.
Abreise von Warschau:(10/VIII/221ff.) Der großmütige Mosczynski umarmte mich und bat, ich möge von ihm einen Wagen als kleines Geschenk annehmen, da ich keinen besäße; auch bat er mich, ihm zu schreiben. (...).
Abreise von Breslau:(226) Früh am nächsten Morgen war alles bereit, die Pferde waren angespannt, ich fuhr ab, aber hundert Schritt vom Gasthof entfernt hielt mein Postillon an. Das rechte Fenster war heruntergelassen; ein Bündel wurde hereingegeben, ich blickte auf und sah die junge Schöne, an die ich wirklich nicht mehr gedacht hatte. Mein Diener öffnete ihr den Schlag, sie setzte sich neben mich, und ich fand die Sache wunderbar eingefädelt. Ich zollte ihr Beifall und schwor, ich hätte nicht von ihr so viel Verstand erwartet; dann fuhren wir weiter.
Diese Zeichnung zeigt ein Coupé, das technisch und stilistisch dem auf der vorherigen Seite abgebildeten genau entspricht. "Profil géométral d'une Diligence à la polignac déssinné par Taazin fils en 1774" (in Paris?). - Musée de la Voiture et du Tourisme, Compiègne. Foto: PG.
Englische zweirädrige Post-Chaisen unterschieden sich von französischen in Kastenform und Federung. - Aus: Ivan Sparkes, Stagecoaches and Carriages, Letchworth 1975. Foto: Rudolf H. Wackernagel.
Abreise von Paris mit Ziel Madrid.(10/XII/321f.) Das war am sechsten November. Ich fuhr erst am zwanzigsten ab. Meinen vierrädrigen Wagen [Coupé "Warschau"] hatte ich gegen einen zweirädrigen für eine Person eingetauscht. (...).
"Diligence monté à l'Angloise". Zeichnung von Chopard, Ménuisier, Paris, um 1770. - Musée de la Voiture et du Tourisme, Compiègne. Foto: PG.
In Bologna:(12/VI/146f.) Zwei oder drei Tage später ließ ich Postpferde vor meinen Wagen spannen und fuhr zum Landhaus dieses Herrn. (...).
Weiterhin in Bologna. Verkauf seines letzten Coupés.(12/VI/164ff.) In diesen Tagen stellte ich mein Coupé zum Verkauf. Ich brauchte Geld und wollte lieber meinen Wagen verkaufen als irgendein anderes Stück, das mir wertvoller war. Ich setzte den Preis auf dreihundertfünfzig römische Scudi fest. Der Wagen war schön und bequem und den Betrag wert. Der Besitzer des Schuppens, in dem er stand, kam mit der Nachricht zu mir, der Vizelegat [Prinz Buoncompagni-Ludovisi] biete mir dreihundert Scudi; es war mir eine richtige Freude, das Angebot des Prälaten abzulehnen, der den Gegenstand meines vergeblichen Verlangens [die Tänzerin La Viscioletta] im Besitz hatte. Ich antwortete, ich wolle nicht handeln und hätte den Preis bereits festgesetzt.
Straßenverkehr in Paris um 1750 war genauso lebhaft wie in London. Tödliche Unfälle geschahen fast jeden Tag. Enormer Lärm und riesige Mengen von Pferdemist belasteten die Umwelt. Und mitten drin - ein "schnell fahrender" Casanova... - Aus: A. S. Turberville, Johnson's England. Oxford 1933. Foto: PG.II. Seine Wagen in Paris.
Durch die Beteiligung am Lotto der École Militaire wurde Casanova ein reicher Mann und es schien, als wollte er sich gegen Ende des Jahres 1758 in Paris dauerhaft niederlassen. Er zog auf das Land, wo er natürlich einen schnellen Wagen brauchte, um rasch in die Stadt zu kommen. Er berichtet:(GmL/Bd.5/Kapitel.VIII/S.208ff.) Ich war entschlossen, mir ein Landhaus zu mieten, und nachdem ich mir mehrere angesehen hatte, entschied ich mich für ein Haus in "Petite Pologne". Es war gut möbliert und lag hundert Schritt außerhalb der "Barrière de la Madeleine" [städt. Zollschranke]. Das Haus stand auf einer kleinen Anhöhe bei der [Schenke zur] "Königlichen Jagd" hinter dem Garten des Herzogs von Gramont. Der Eigentümer hatte dem Haus den Namen "Varsovie-en-bel-air" gegeben. Es hatte zwei Gärten, von denen einer in der Höhe des ersten Stockes lag, drei Herrschaftswohnungen, einen Stall für zwanzig Pferde, Bäder, einen guten Keller und eine große Küche mit den nötigen Gerätschaften. (...). [Der Eigentümer] vermietete mir sein Haus für hundert Louis im Jahr [umgerechnet pro Monat: 2.000 d.] und verschaffte mir eine hervorragende Köchin, die sich "die Perle" nannte. (...). Er versprach mir auch billigeres Futter für meine Pferde, überhaupt alles, was bei der Einfuhr nach Paris zollpflichtig war; denn hier draußen war ich ja schon auf dem Lande.
Bald darauf, nach dem Besuch eines Opernballs:(211f.) (...) dann fuhr ich zurück nach Petite Pologne. Ich brauchte nur eine Viertelstunde dazu. Ich wohnte auf dem Lande, aber in einer Viertelstunde erreichte ich jeden gewünschten Ort in der Stadt. Mein Kutscher fuhr wie der Wind, meine Pferde waren von jener Art, die man als enragés bezeichnet, eigens dazu aufgezogen, nicht geschont zu werden. Solche Pferde, ein Überschuß aus den Ställen des Königs, waren ein Luxus. Wenn mir eines davon einging, kaufte ich mir für zweihundert Francs [2.000 d.] ein neues. Schnellfahren ist eines der größten Vergnügen, die es in Paris gibt.
Diesen Luxus freilich konnte Casanova sozusagen aus der Portokasse seines bald gegründeten Betriebes für die Bemalung von Seidenstoffen à la chinoise (20 hübsche Mitarbeiterinnen) bezahlen. Als er einer jungen Geschäftsfrau seine Aufwartungen machte, raste er auf's Neue durch Paris:(284) Verliebt in sie (...) fuhr ich drei- oder viermal jeden Tag an ihrem Geschäft vorüber; ich ließ den Kutscher reden, der mir wiederholt sagte, die langen Umwege würden die Pferde zu Tode schinden. Ich verzehrte mich nach ihren Kußhänden und der Aufmerksamkeit, mit der sie meinen Wagen schon von weitem erspähte.
"Diable". - Encyclopédie, Paris 1769. Foto: PG.
Einer der beiden Stadtwagen von Casanova könnte speziell zum Schnellfahren geeignet gewesen sein, etwa wie der sowohl in der Encyclopédie als auch bei Roubo abgebildete "Diable". Casanova erwähnt ihn bereits anläßlich seines ersten Parisaufenthalts 1750/52:(3/X/183) [Der Fürst von Monaco und ich] stiegen in einen neumodischen Wagen, den man Diable nannte, und um elf Uhr vormittags waren wir bei der Herzogin.
Laut Roubo diente der leichte, nur vier Meter lange Diable zum Einfahren junger Pferde für Selbstfahrer, weshalb er keinen Kutscherbock hatte. Den Wagen könnte man auch Berlinen-Kalesche nennen, nach dem Fahrgestell und der Form des Wagenkastens.
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Der andere Wagen könnte ein typisch französisches Berlinen-Coupé, die "Diligence", gewesen sein. Es war ebenfalls ein eher leichtes Fahrzeug, und mit Kutscherbock.
"Diligence à Cul de Singe". Bemerkenswertes Detail: Der von Casanova so häufig erwähnte und in seinen Englischen Coupés ebenfalls vorhandene Klappsitz. - Encyclopédie, Paris 1769. Foto: PG.